Strom

Studie: Prosumer-Potenzial bisher kaum ausgeschöpft

Das größte Sorgenkind ist bisher der Smart-Meter-Ausbau, wie der Prosumer-Report von Lichtblick zeigt. Kritik gibt es auch an den Netzbetreibern.
18.07.2023

11 Mio. Ein- und Zweifamilienhäuser können laut dem Prosumer-Report 2023 Sonnenstrom produzieren. (Symbolbild)

Je nach Entwicklung der Energiepreise könnten Deutschlands Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer innerhalb von 20 Jahren zwischen 322 und 566 Mrd. Euro Energiekosten sparen, wenn sie von fossilen auf erneuerbare Energien umsteigen. Das geht aus dem neuen Prosumer-Report 2023 hervor, den der Ökoenergieversorger Lichtblick in Hamburg vorgestellt hat. Die Untersuchung beruht auf Datenanalysen des Marktforschungsunternehmen EUPD Research.

Demnach eignen sich die Dächer von 11 Mio. Ein- und Zweifamilienhäuser in Deutschland für den wirtschaftlichen Einsatz von Photovoltaik (PV). Diese Eigenheime bilden das Prosumer-Potenzial.

Zubau 2022 beschleunigt

Der Report nennt sieben Schlüsseltechnologien für die Energiewende im Eigenheim. Am weitesten verbreitet sind demnach bisher PV-Anlagen: 18 Prozent beziehungsweise 2 Mio. aller 11 Mio. solarfähigen Eigenheime produzieren bereits Sonnenstrom. Die Zahlen haben den Stand von Ende 2022.

Strombetriebene Wärmepumpen kommen demnach in 10 Prozent der solarfähigen Eigenheime zum Einsatz. Weitere Technologien sind Wallboxen (11 Prozent), Heimspeicher (6 Prozent), Energiemanagementsysteme (6 Prozent) und Elektroautos (5 Prozent). Laut Report hat sich der Zubau im Jahr 2022 bei allen Technologien beschleunigt.

Sorgenkind Smart-Meter

Größtes Sorgenkind bleibt der Smart-Meter-Ausbau. Lediglich ein Prozent der solarfähigen Eigenheime sei mit einem intelligenten Messsystem ausgerüstet, heißt es. Echte Smart Meter sind laut Lichtblick die entscheidende Schnittstelle, um das Prosumer-Haus intelligent mit dem Stromnetz zu verbinden.

"Wir erleben einen Rekordzubau bei Solaranlagen, Wärmepumpen und Heimspeichern", sagt Lichtblick-Sprecher Ralph Kampwirth. "Das Prosumer-Potenzial wird bisher kaum ausgeschöpft."

Laut Modellberechnungen von Lichtblick profitieren Hausbesitzer über 20 Jahre finanziell von erneuerbaren Lösungen. Im Altbau mit Sanierung seien es bis zu 49 Prozent beziehungswiese 51.000 Euro. Im Neubau liege der Kostenvorteil bei bis zu 40 Prozent beziehungsweise 44.000 Euro.

92 Mrd. kWh Sonnenstrom

Bei voller Ausschöpfung des Potenzials könnten 11 Mio. Prosumer-Eigenheime zudem 92 Mrd. kWh Sonnenstrom im Jahr erzeugen. Das entspreche 88 Prozent ihres eigenen Energiebedarfs, oder der Produktion von zehn mittleren Kohlekraftwerken.

Millionen von Prosumern genutzten Elektroautos und Heimspeicher könnten außerdem künftig in virtuellen Kraftwerken zu systemdienlichen Großbatterien vernetzt werden. Dies könne die Wirtschaftlichkeit in den Eigenheimen innerhalb von 20 Jahren um rund 7000 Euro verbessern. Technische Neuerungen wie "bidirektionales Laden" zur Netzstabilisierung könnten diesen Wert noch erhöhen.

"Mit der Marktanbindung von Solaranlagen, Speichern und Wärmepumpen können Prosumer ihre Investitionen schneller refinanzieren", sagt Bettina Hinken, Head of Energy Services bei Ison.

Verteilnetze in Cluster

Lichtblick nutzte die Präsentation des Reports, um die Bundesregierung aufzufordern, die Marktanbindung von Prosumer-Häusern zu vereinfachen. Im Zentrum müssten die zügige Digitalisierung und neue Regeln für die Stromvermarktung stehen, die die Besonderheiten der dezentralen Energiewelt berücksichtigen.

"Wir müssen endlich die Kleinstaaterei aus 900 Netzbetreibern beenden, die mit der digitalen Energiewende überfordert sind", so Unternehmenssprecher Kampwirth weiter. "Die Flut von Zählerkonzepten und Formularen behindert innovative Prosumer-Lösungen, weil jedes neue Prosumer-Geschäftsmodell zu einem Spießrutenlauf durch Deutschlands Amtsstuben führt.

Eine Lösung könnte demnach nach dem Vorbild der aktuellen Netzplanung der zentrale Betrieb der Verteilnetze in sechs regionalen Clustern sein. (jk)