Zum Inhalt springen

Radikales Verkehrskonzept So will Hannover seine »nahezu autofreie« Innenstadt bauen

Hannovers grüner Oberbürgermeister Belit Onay möchte den Autoverkehr radikal reduzieren. »Möglichst überall« soll im Zentrum Tempo 20 gelten, Ampeln und Parkplätze fallen weg – doch es ist noch viel mehr geplant.
Belit Onay, Oberbürgermeister von Hannover, will die Innenstadt grundlegend umbauen

Belit Onay, Oberbürgermeister von Hannover, will die Innenstadt grundlegend umbauen

Foto:

Franziska Gilli / DER SPIEGEL

Mit dem Versprechen, bis 2030 eine autofreie Innenstadt innerhalb des Cityrings zu ermöglichen, wurde der Grüne Belit Onay vor fast vier Jahren Oberbürgermeister von Hannover. Danach befragte die Verwaltung die Bürger und setzte Straßenexperimente um. Der Stadtrat billigte Onays Vorhaben.

Nun erklärt Onay, wie genau er das Zentrum umgestalten will. Die Pläne dürften auch überregional beachtet werden, da Hannover sich im Vergleich zu anderen Städten damit recht weitreichende Ziele setzt.

Demnach solle Hannovers Zentrum künftig »nahezu autofrei« sein, um Fußgängern und Radfahrerinnen mehr Raum zu geben. »Autofrei heißt: Es ist kein Auto zu viel in der Stadt«, erläuterte Onay. Dazu solle der Durchgangsverkehr unterbunden werden, die Innenstadt solle aber weiter mit dem Auto erreichbar bleiben.

Öffentliche Stellplätze in den Straßen sollen weitgehend entfallen, stattdessen solle in den Parkhäusern geparkt werden. Anlieger erreichen ihre privaten Stellplätze den Plänen zufolge weiterhin, auch Taxen und Lieferwagen kämen noch in die Stadt. Parkmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung sollen ausgeweitet werden. »Für diejenigen, die aufs Auto angewiesen sind, wird es zukünftig leichter, in die Stadt zu kommen, weil es weniger konkurrierenden Autoverkehr gibt – aber insgesamt wird die Zahl der Stellplätze nach und nach deutlich reduziert«, sagte Onay einer Mitteilung zufolge. Auch der Nahverkehr soll dadurch mehr Raum bekommen.

Tunnel in Fernroder Straße am Hauptbahnhof: heute und nach den Umbauten (Visualisierung)
Tunnel in Fernroder Straße am Hauptbahnhof: heute und nach den Umbauten (Visualisierung)

Tunnel in Fernroder Straße am Hauptbahnhof: heute und nach den Umbauten (Visualisierung)

Foto: Ole Spata / Ole Spata

Noch langsamer als Tempo 30

Konkret will die Stadt etwa Folgendes umsetzen:

  • Straßen in der Altstadt sollen für den allgemeinen Autoverkehr nicht mehr durchfahrbar sein (siehe Karte). Auch die beiden Tunnel am Hauptbahnhof sollen für den Autoverkehr geschlossen werden und für den Rad- und Fußverkehr reserviert werden (einer der beiden auch für den ÖPNV).

  • Wo Autos und Kraftfahrzeuge weiter fahren dürfen, etwa bei Zufahrten zu Parkhäusern, soll »möglichst überall Tempo 20 oder maximal Tempo 30« gelten.

  • Parkplätze im öffentlichen Raum sollen weitgehend wegfallen, womit es »bis auf wenige Ausnahmen« kein Straßenrandparken mehr gibt. Autos sollen stattdessen in Parkhäusern parken.

  • Die Innenstadt soll »weitgehend ampelfrei« werden, um Fuß- und Radwege möglichst selten zu unterbrechen.

  • Innerhalb des Cityrings sollen sämtliche Straßen grundsätzlich nur einen Streifen pro Richtung haben.

  • Es sollen mehr Flächen für Radabstellplätze, Sharing-Angebote, On-Demand-Verkehre und den Lieferverkehr ausgewiesen werden.

  • Innenstadt und umliegende Wohnquartiere sollen besser verbunden werden, indem etwa mehr Querungen über den Cityring eingerichtet werden.

Georgsplatz: Vor und nach den Umbauten (Visualisierung)
Georgsplatz: Vor und nach den Umbauten (Visualisierung)

Georgsplatz: Vor und nach den Umbauten (Visualisierung)

Foto: Ole Spata / Ole Spata

Vielerorts hatte die Stadt in den vergangenen Jahren verkehrsberuhigte Bereiche getestet, sogenannte »Experimentierräume«. Nun sagte Onay: »Die Zeit der Experimente ist vorbei. Jetzt geht es an die Umsetzung.« Bis 2030 will die Stadtverwaltung das Konzept umsetzen, nach Beschlussfassung soll Mitte 2024 mit den ersten Umbauarbeiten etwa in der Schillerstraße, Georgstraße, Prinzen- und Joachimstraße begonnen werden.

lki