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Wie wirbt man für das Klima?

In Deutschland sind schon einige Klimabahnen und -busse unterwegs. Michael Döscher von Scientists for Future berichtet über die Zusammenarbeit mit den kommunalen Unternehmen.
25.09.2023

Der Klimabus der Hochbahn in Hamburg.

Wie wirbt man für das Klima? Michael Döscher engagiert sich bei Scientists for Future, der 59-jährige arbeitet in der Halbleiterindustrie. Zusammen mit anderen Hamburger Klimaaktivist:innen und der Hochbahn hat er nun in Hamburg den Klimabus auf die Straße gebracht.

Entsprechende Busse gibt es bereits in Tübingen und Kiel. Die verwandten Klimabahnen sind in Bremen, Berlin und Bielefeld auf der Schiene. Andere Städte arbeiten auch schon daran.

ZfK: Die Klimakrise ist ein allgegenwärtiges Thema, mittlerweile haben auch viele Menschen von der Heizungsdebatte genug. Wie kann man dazu noch kommunizieren ohne die Menschen zu nerven?

Döscher: Das ist sicherlich schwierig. Das Heizungsthema ist leider auch gewusst kaputt geredet worden, bis alle das Wort Wärmepumpe nicht mehr hören wollten. Trotzdem bekommen die Leute die Klimakrise auch ohne Kommunikation mit: Das Wetter ist komisch, wir haben Sommer im September und in Südeuropa brennen die Wälder. Das Thema löst Unbehagen aus, da möchte man es lieber verdrängen.

Aber wir müssen ehrlich sein: Der Klimawandel ist da. Die gute Nachricht ist aber: Das Boot ist noch nicht untergegangen. Und da kann man ansetzten. Mit dem Klimabus zeigen wir: Schau mal, du musst nicht dein komplettes Leben umstellen und nie wieder Auto fahren, man kann auch kleinere Schritte gehen wie zum Beispiel den ÖPNV öfter nutzen.

Wie kam es zu der Idee?

Erst einmal allgemein: Die Menschen sind wegen des Klimawandels nervös, man bekommt halt viel mit in den Nachrichten, Überflutungen in Griechenland und Libyen, Hitzewellen in Spanien und Frankreich, Waldbrände in Kanada und auf Hawaii. Und auch in Deutschland spielen ja die Temperaturen verrückt. Und 2023 ist das wärmste Jahr seit Beginn der Temperaturmessungen!

Das muss das erst einmal einsortieren. Darüber hinaus gibt es aber ein gewisses Informationsdefizit, wie das alles zu bewerten ist. Daher ist unsere Frage immer: Wie können wir die „Nichtexpert:innen“ erreichen und ihnen Informationen anbieten. Denn nicht jeder kann sich stundenlang mit den Zahlen, Daten und Fakten beschäftigen. Dafür ist der ÖPNV ideal geeignet, denn dort sitzt man und hat ein paar Minuten der Ruhe. Und den Fahrgäst:innen zeigen wir gleich auch, dass sie Teil der Verkehrswende sind, also schon einmal etwas sehr richtig machen.

Das Motiv außen an der Bahn sind die „Warming Stripes“, eine Verbildlichung der Erderhitzung. Jeder Streifen steht für ein Jahr, je blauer der Streifen, umso geringer die Temperatur in diesem Jahr, verglichen mit einem Mittelwert zwischen 1970 und 2000. In den letzten Jahrzehnten sind die Jahrestreifen immer öfter rot, also die Durchschnittstemperaturen steigen immer weiter an!

"Am Ende ist es natürlich nicht nur ein bunter Bus, sondern auch ein Informationsangebot."

Wie kam es dann genau zur Umsetzung?

Wir haben die Idee aus Bremen übernommen und an die Hamburger Hochbahn ran getragen. Die Erfahrung aus anderen Städten hat uns gezeigt, dass man sich dafür am besten gleich an die Führungsetagen wendet. Von dort haben wir großartigen Zuspruch bekommen und die Frage war nicht mehr ob, sondern wie wir es umsetzten. Die Hochbahn hat uns ihrer Werbefläche überlassen und die Kosten getragen. Freundlicher Weise hat sich auch Ströer, denen 80 Prozent der Werbefläche auf dem Bus gehört, für das Projekt begeistern können.

Am Ende ist es natürlich nicht nur ein bunter Bus, sondern auch ein Informationsangebot. Wir haben Informationsflächen zu wichtigen Fragen, die erste Antworten liefern im Bus unter der Decke. Und wer noch mehr wissen will, kann die dort angebrachten QR-Codes nutzen, um auf unsere Website www.klimabus-hamburg.de zu gelangen, wo wir noch tiefer auf die Themen eingehen.

Wie kann man heute noch eine glaubhafte Kampagne machen, wo es so viel Greenwashing gibt?

Greenwashing wird meiner Meinung nach etwas überwertet. Natürlich gibt es das. Aber ich habe volles Vertrauen, dass die Menschen begreifen, wer glaubwürdig ist und wer nicht. Wichtig ist, dass überall die Botschaft lautet, dass Nachhaltigkeit wichtig ist, und ein einfaches „weiter so“ der falsche Weg ist. Und selbst Firmen oder Gruppen die „greenwashing“ betreiben, unterstützen letztendlich dieses Narrativ, nämlich, dass die Klimakrise da ist, und es Zeit für Veränderung ist.

Insofern mache ich mir da keine Sorgen: Wichtig ist, dass die Botschaft rüberkommt, dass es ernst ist, und wir was tun müssen!

Dass Ihre Kampagne das Label von Scientist for Future trägt, hilft bestimmt auch, um Vertrauen zu gewinnen.

Sicherlich, Scientist for Future garantiert Qualität. Wir sind in der Fridays for Future-Bewegung diejenigen, die wissenschaftliche Informationen liefern und helfen sie zu kommunizieren. Insgesamt sind wir natürlich nur ein Element in der „for Future“ Bewegung, auch all die anderen Gruppen, Parents for Future – mit denen wir dieses Projekt realisiert haben -, „Health 4 Future“, „Lawyers 4 Future“ etc, all diese Gruppen sind Teil unseres Netzwerkes. Denn es gilt, dass sich alle engagieren können, um den Klimawandel aufzuhalten!

Verkehrsunternehmen, die sich die Beteiligung an dem Projekt vorstellen können, können sich an die Vernetzungsgruppe der Scientists for Future zur Klimabahn wenden: vereinsbuero(at)scientists4future(dot)org

Mehr zu Medien und kommunalen Unternehmen

Um gute und erfolgreiche Kommunikationsstrategien kommunaler Unternehmen wird es auch bei den erstmals angebotenen ZfK Media Days am 13./14. November in Darmstadt gehen. Mehr zum Programm und zur Anmeldung gibt es hier.

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Welche Bedeutung haben Infografiken und Bilder in der Kommunikation? Und was macht künstliche Intelligenz mit der Branche?

Diese und viele weitere Themen werden bei der Veranstaltung gemeinsam aufgegriffen, diskutiert und vertieft. Dabei kommen das Networking und der Austausch untereinander nicht zu kurz.

(Das Interview führte Pauline Faust)