Der natürliche Wasserkreislauf ist aus dem Gleichgewicht. Was das bedeutet
In Deutschland sinken die Grundwasserspiegel. Das hat nicht nur mit der Klimakrise zu tun. Auch wie wir mit Wasser umgehen, spielt eine Rolle.
Der menschliche Körper und die Erdoberfläche haben einiges gemeinsam: Beide bestehen zu einem großen Anteil aus Wasser. Beim Menschen sind es ungefähr 60–75%, die Oberfläche der Erde ist ebenfalls zu rund 2/3 von Wasser bedeckt. Das Wasser befindet sich in einem ständigen Kreislauf, wird durch Adern und Venen gepumpt oder bahnt sich in Form von ober- wie unterirdischen Flüssen seinen Weg durch die Landschaften. Sowohl im Menschen als auch in der Natur transportiert Wasser Nährstoffe und sorgt für den Ausgleich von Energie.
Ohne Wasser und sein ständiges Zirkulieren ist Leben nicht möglich. Während wir längst verinnerlicht haben, wie wichtig es für die körperliche Gesundheit ist,
Der Wasserkreislauf
Ähnlich wie Energie nicht verbraucht, sondern nur in andere Energieformen umgewandelt wird, bleibt auch die Menge an Wasser auf der Erde konstant. In einem ständigen Kreislauf recycelt es sich selbst. Der Wasserkreislauf umfasst alle Prozesse, bei denen Wasser zwischen Land, Ozeanen und der Atmosphäre ausgetauscht wird:
Durch Sonneneinstrahlung verdunstet Wasser aus den Ozeanen, Flüssen und Seen. Das nennt sich Evaporation.
Doch auch über die Blätter von Bäumen und anderen Pflanzen verdunstet Wasser – sie »schwitzen« ähnlich wie der Mensch. Dieser Mechanismus nennt sich Transpiration.
Wenn der Wasserdampf in die Atmosphäre aufsteigt, kühlt er ab, kondensiert und bildet Wolken. Als Niederschlag, in Form von Regen und Schnee, kehrt das Wasser wieder auf das Land und ins Meer zurück.
Ein Teil des Niederschlags versickert im Boden und bildet in tieferliegenden Erdschichten das Grundwasser. Der andere Teil liefert Nachschub für Seen und Flüsse. Sowohl diese Oberflächengewässer als auch das Grundwasser gelangen zu einem Teil ebenfalls wieder ins Meer.
Auf seiner Reise in diesem Kreislauf durchläuft Wasser die unterschiedlichen Aggregatszustände – flüssig, gasförmig, fest (gefroren).
Der natürliche Wasserkreislauf hat sich verändert
So weit das stark vereinfachte Modell des globalen Wasserkreislaufs, das viele noch aus ihrem Erdkundeunterricht kennen dürften.
Doch wie viel es an einem bestimmten Ort regnet, wie viel davon im Boden versickert und wie viel hingegen über Flüsse oder die Kanalisation sofort abfließt, ist sehr unterschiedlich – je nach Klima, Vegetation und Bebauung. In einer Region mit sehr steinigem Untergrund oder in urbanen Räumen mit größtenteils versiegelter Fläche fließt ein großer Teil des Wassers sofort ab, sodass sich weniger Grundwasser nachbilden kann. Landschaften mit viel Grün speichern Wasser längerfristig.
In einem intakten Ökosystem braucht ein Regentropfen von der Wolke bis zum Ozean 10–1.000 Jahre – je nachdem, ob er einen Zwischenstopp in Seen, Pflanzen oder Grundwasserspeichern einlegt. In einer Metropolregion wie Los Angeles, in der der Großteil der Landschaft abgeholzt und asphaltiert ist,
Wie der natürliche Wasserkreislauf ganz ohne menschliche Einflüsse aussähe, lässt sich schwer sagen. Schließlich greifen Zivilisationen schon
Wasser ist der Blutkreislauf der Biosphäre. Aber wir sind dabei, den Wasserkreislauf tiefgreifend zu verändern. Dies wirkt sich auf die Gesundheit des gesamten Planeten aus und macht ihn deutlich weniger widerstandsfähig gegen Schocks.
Was genau ist das Problem?
Nicht nur die Klimakrise ist das Problem
Durch die Klimakrise kann sich der Wasserkreislauf in einigen Teilen der Welt beschleunigen, wie
Wissenschaftler:innen gehen davon aus, dass in Deutschland die jährlichen Mengen an Niederschlag ungefähr gleich bleiben. Jedoch lassen sich auch hierzulande saisonale Verschiebungen feststellen. So
Zusätzlich gibt es indirekte Folgen der Klimakrise: In einer Modellstudie an der Rappbodetalsperre im Harz, einer der größten Trinkwassertalsperren Deutschlands, konnten
Die Klimakrise ist aber nur ein Teil des Problems.
Ein verregneter Sommer bringt das verlorene Grundwasser nicht zurück
Der andere, ähnlich große Teil des Problems besteht darin, wie wir mit den verfügbaren Wasserressourcen der Erde umgehen. Denn der blaue Planet ist zwar zu 2/3 von Wasser bedeckt, das sich in einem ewigen Kreislauf erneuert. Doch nur ein Bruchteil davon ist für uns nutzbar. So sind etwa 97% des Wasservorrats der Erde Salzwasser. Nur 3% liegen in Form von Süßwasser vor, wovon wiederum ein Großteil als Schnee und Eis in Gebirgen gespeichert ist.
In Deutschland stammt das Trinkwasser zu rund 70% aus Grund- und Quellwasser, für den Rest wird aufbereitetes See-, Talsperren- oder Flusswasser genutzt.
Deutschland ist nach wie vor ein sehr wasserreiches Land. Wie viel Grundwasser tatsächlich zur Verfügung steht, hängt dabei von der Region, der Jahreszeit, den klimatischen Verhältnissen und dem Wasserverbrauch ab.
Doch klar ist, dass die Vorräte eine erschöpfbare Ressource sind – wenn dauerhaft mehr Grundwasser entnommen wird, als sich nachbilden kann. »Aktuelle Satellitendaten zeigen, dass sich in Deutschland in den letzten 20 Jahren große Mengen an Grundwasser nicht neu gebildet haben«,
Neu ist, dass [sich die Grundwasserspeicher] dann eben auch im Winter nicht mehr ausreichend erholen. Seit Beginn der extremen Dürresommer 2018 hat sich diese Situation verschärft. Dieser Wasserverlust lässt sich eigentlich nur durch mehrere regenreiche Winter kompensieren. Oder anders gesagt: Ein verregneter Sommer wie in 2023 bringt uns das verlorene Grundwasser nicht zurück.
Bei der Nachbildung von Grundwasser sind die Klimakrise und die damit verbundenen häufiger werdenden Dürreperioden also ebenfalls ein gewichtiger Faktor. Regnet es nicht oder kaum, kann natürlich auch kein Wasser in die Grundwasserleiter sickern. Auch starke Regenfälle nach längerer Trockenheit sind problematisch, da ausgetrockneter Boden für Wasser weniger aufnahmefähig ist.
Auch die Landnutzung durch den Menschen wirkt sich negativ aus: Durch den abnehmenden Humusgehalt, die Entwaldung und die Flächenversiegelung wird immer weniger Wasser in Landschaften gespeichert. Über asphaltierte Straßen und Höfe kann kein Regen versickern, stattdessen landet er direkt in der Kanalisation oder in Flüssen und fließt ins Meer ab.
Dass weltweit mehr Grundwasser entnommen wird, als sich nachbilden kann, hat einen weiteren unschönen Nebeneffekt, der nicht direkt mit der Trinkwasserversorgung zu tun hat. Ein internationales Forschungsteam von Geophysiker:innen konnte
Was also tun?
(Also, abgesehen davon, die Treibhausgasemissionen möglichst schnell herunterzufahren, um die Klimakrise nicht weiter eskalieren zu lassen.)
Lösung 1: Kreisläufe wieder naturnaher gestalten
Damit sich wieder mehr Grundwasser nachbilden kann, ist es laut Hydrobiologe Dietrich Borchardt vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung sehr wichtig, insgesamt mehr Wasser in den Landschaften zu binden. In den vergangenen Jahrzehnten wurde ein Großteil der Flüsse und Bäche in Deutschland begradigt oder in künstliche Flussbetten gezwängt. Natürliche Flüsse laufen hingegen eher in Schlangenlinien durch die Landschaft und sind im Idealfall gesäumt von Auen, artenreichen Überflutungsflächen.
Wenn wir die Länge aller deutschen Fließgewässer mit einem Einzugsgebiet von mehr als 10 Quadratkilometern zusammenrechnen, ergibt das etwa 150.000 Kilometer, also viermal um die Erde.
Hätte der Mensch nicht so stark eingegriffen, könnte dieses Adernetz große Mengen Wasser zurückhalten. Deshalb sei es laut Borchardt wichtig, die Eingriffe teilweise rückgängig zu machen und
Genau das plant die Regierung nun umzusetzen. Im März veröffentlichte das Bundesumweltministerium eine umfassende
Bauen wir wieder naturnähere Ökosysteme, so hat das viele positive Auswirkungen: Mehr Vegetation kühlt die Umgebung und bietet Lebensraum für viele Arten. Außerdem sind grüne Landschaften vor dem Fenster
In diesem Artikel schaut sich Désiree Schneider in einem wiedervernässten Moor um. Diese speichern nicht nur Wasser, sondern auch jede Menge CO2:
Hier habe ich mir das Konzept der Schwammstadt genauer angesehen:
Und hier ist Benjamin Fuchs bei einem landwirtschaftlichen Betrieb zu Besuch, bei dem Bäume auf den Äckern wachsen:
Lösung 2: Wasser klüger nutzen
Dafür zu sorgen, dass sich wieder mehr Grundwasser nachbilden kann, ist die eine Hälfte der nötigen Lösungen. Mindestens genauso wichtig ist es, den Verbrauch der kostbaren Ressource zu reduzieren. Hier geht es in erster Linie nicht um private Verbraucher:innen – auch wenn es trotzdem ratsam ist, zu Hause sparsam mit Trinkwasser umzugehen –, sondern um Kommunen, die Landwirtschaft und die Industrie.
Für welche Prozesse ist wirklich Frischwasser nötig? Wo lässt sich Abwasser in einem kleinen Kreislauf wiederverwenden? Wie können die Abwassersysteme verbessert werden? Um konkrete Lösungen zu finden, müssen sich Kommunen ein Bild davon verschaffen, wie viel Wasser zur Verfügung steht, wie viel jährlich entnommen wird und wo mögliche Konflikte lauern.
Einen solchen Konflikt adressiert die Nationale Wasserstrategie ebenfalls: Bis 2025 prüft die Bundesregierung, ob große Konzerne und landwirtschaftliche Betriebe künftig flächendeckend dafür zahlen müssen, wenn sie große Mengen Wasser nutzen –
In diesem Artikel geht es unter anderem darum, wie Wasser in der Landwirtschaft effizienter genutzt werden könnte:
Und hier werfe ich einen Blick in die Zukunft des Abwassers in Deutschland und weltweit:
Mit Illustrationen von Frauke Berger für Perspective Daily